Natürlich kann es immer mal Umstände geben, in denen der Partner einen (unfreiwillig) auf die Palme bringt. Etwas lautere Wortwechsel, knallende Türen oder tieffliegendes Obst können selbst in den glücklichsten Beziehungen mal vorkommen. Es ist zumeist ein kurzes, reinigendes Gewitter.
Doch wenn solche Situationen zur alltäglichen Gewohnheit werden, sollten die Alarmglocken schrillen.
Denn damit beginnt ein Kreislauf aus Furcht, Hilflosigkeit, Frustration und Wut.
Gewalt im eigenen Zuhause, dem eigentlich sichersten Ort, ein Alptraum hinter verschlossenen Türen.
Vor allem die Tatsache, dass die Gewalt in der Beziehung von dem geliebten und vertrauten Menschen ausgeht, macht diesen Zustand besonders belastend.
Wir haben ein paar wichtige Informationen zusammengetragen, die dabei helfen können, den Zyklus der Gewalt zu verstehen und den Weg aus dem Alptraum der Partnerschaftsgewalt zu finden.
Zyklus der Gewalt
Partnerschaftsgewalt zeigt sich meist als schleichender Prozess, dessen erste Warnsignale oft nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit betrachtet werden. Zumal sich Täter zu Beginn augenscheinlich aufrichtig für ihr vermeintlich, einmaliges Verhalten entschuldigen und versprechen, dass es nie wieder vorkommt. Als Begründung werden Stress oder Ähnliches herangezogen.
Doch in Wahrheit ist es der Anfang des Weges in die Hölle. Auf anfängliche Auseinandersetzungen folgen verbale oder/und körperliche Übergriffe. Die Abstände zwischen den Eskalationsmomenten werden kürzer, die Grenzüberschreitungen intensiver.
Dann im weiteren Verlauf wälzt der Täter die Verantwortlichkeit auf das Opfer ab und verstärkt so mit jedem Mal die Schuldgefühle. Über die Zeit wächst ebenfalls das Schamgefühl verbunden mit der Furcht vor dem Täter und möglichen Folgen, wenn sie sich anderen offenbaren. Ebenso klammern sich viele Opfer an den Strohhalm Hoffnung, dass doch noch alles besser wird.
Ein Zyklus der Gewalt, der alleine oft kaum zu durchbrechen ist. Doch niemand muss Gewalt in der Beziehung stillschweigend ertragen. Es gibt immer einen Weg aus dem Alptraum.
Partnerschaftsgewalt frühzeitig erkennen
Tatsächlich ist dies oft leichter gesagt, als sich die Realität zeigt. Täter haben keinen Stempel auf der Stirn. Im sozialen Leben benehmen sich die meisten von ihnen normal und unauffällig, geben sich freundlich und friedfertig.
So spielt sich Partnerschaftsgewalt überwiegend im Verborgenen ab und bleibt oft für einen längeren Zeitraum unentdeckt.
Anzeichen für Gewalt in der Beziehung können unter anderem zunehmende Nervosität, Abgeschlagenheit, wiederkehrende Verletzungen, sozialer Rückzug, Ausflüchte oder nicht nachvollziehbarer Kontaktabbruch sein. Bei Kindern und Jugendlichen können beispielsweise ausbleibende Spielplatzbesuche oder weniger Kontakt zu Freunden, vermehrte Fehlzeiten in der Schule oder von zu Hause wegrennen ein Hinweis sein.
Wichtig ist, einen Verdacht sensibel vorzubringen und auch erst mal nur die jeweilige Person anzusprechen. Denn es kann auch andere Gründe für eine Verhaltensänderung geben. Vorschnelle Beschuldigungen, die sogar im Umfeld kommuniziert werden, können unschöne Auswirkungen für alle haben.
Sollte sich die Vermutung jedoch bestätigen, darf sehr wohl gehandelt werden. Immer mit Respekt auf die Entscheidungsfindung des Betroffenen und in einem angemessenen Rahmen kann Hilfsbereitschaft signalisiert, Verständnis gezeigt und ein offenes Ohr geboten werden. Ebenso spricht nichts gegen das Aufzeigen von weiteren Hilfsmöglichkeiten und ein Versprechen zur Unterstützung.
In Notsituationen ist natürlich schnelle Hilfe wichtig. Man sollte sich jedoch niemals selbst in Gefahr bringen und direkt die Polizei rufen.
Wege aus dem Alptraum der Gewalt
Es erfordert eine Menge Mut, den ersten Schritt zu machen. Doch nur, wenn Hilfe gesucht und angenommen wird, um Befreiung und Unterstützung zu erfahren, gibt es einen Weg aus der Partnerschaftsgewalt.
So sollten sich Opfer nicht vor Bestärkung und Unterstützung aus ihrem sozialen Umfeld verschließen. Schamgefühle und/oder Schuldgefühle sind bei Vertrauenspersonen innerhalb der Familie oder im Freundeskreis fehl am Platz.
Des Weiteren haben Betroffene von Partnerschaftsgewalt die Möglichkeit, kostenlos und anonym Unterstützung zu erhalten. Neben verschiedenen Telefonhotlines gibt es auch Online-Beratungen. Einige Stellen bieten ebenfalls persönliche Beratung vor Ort an. Darüber hinaus gibt es auch lokale Hilfsorganisationen und direkte Anlaufstellen, die Betroffenen Schutz bieten.
Zur Verarbeitung von seelischen und/oder körperlichen Verletzungen können Selbsthilfegruppen oder geschützte Internetforen ein Anfang sein. Sich mit Menschen auszutauschen, die Ähnliches erfahren haben, kann befreiend wirken und Kraft und Mut geben.
Wenn Gewalt in der Beziehung körperliche Verletzungen nach sich zieht, sollten diese von einem Arzt behandelt und auch dokumentiert werden, um gegebenenfalls ein Gerichtsverfahren anstrengen zu können. Hierbei gilt: je früher, desto besser.
Sind Kinder involviert, lassen sich auch hier spezielle Anlaufstellen und Beratungsangebote finden, die anonym und kostenfrei genutzt werden können. Ebenso gibt es Foren und Gruppen, wo sie sich mit anderen Betroffenen in ihrem Alter austauschen können.
Bei akuter Bedrohung von Leib und Leben sofort die Polizei verständigen. Sie kann beispielsweise den Täter der Wohnung verweisen oder ein Näherungs- / Kontaktverbot aussprechen. Außerdem kann sie mit weiteren Anlaufstellen, Beratungsmöglichkeiten und Schutzmaßnahmen weiterhelfen.
Achtung: Sofern eine direkte Kontaktaufnahme mit der Polizei nicht möglich ist, können Opfer versuchen, mit einem speziellen Handzeichen auf eine Notsituation aufmerksam zu machen, ohne ein Wort sagen zu müssen. Überall, wo sie auf Menschen treffen, können sie mit diesem diskreten Code um Hilfe bitten.
Signal for Help - Hand mit gestreckten Fingern öffnen, Daumen in die Handinnenfläche legen und danach mit den restlichen vier Fingern umfassen. Neben all diesen Schritten, ist es auch wichtig, auf sich selbst zu achten. Stress reduzieren und regelmäßig zur Ruhe kommen, sich etwas Gutes tun und Kraft tanken, der eigenen Ressourcen bewusst werden und die Widerstandskraft stärken. Ebenso sich Zeit nehmen für Dinge, die einem guttun und kleine Ziele setzen für das neue Leben.
Gerade, weil der Weg aus dem Zyklus der Gewalt oft steinig sein kann, ist es essenziell, sich stetig vor Augen zu führen: Die Verantwortung für Partnerschaftsgewalt liegt ganz alleine in den Händen des Täters.
Niemals darf Gewalt in der Beziehung eine Antwort auf Stress, Meinungsverschiedenheiten oder nervige Angewohnheiten des Partners sein. Auch im Namen der Liebe hat niemand das Recht, einen anderen Menschen so zu behandeln.
Je nach Situation kann es ebenfalls hilfreich sein, einen außenstehenden Begleiter hinzuzuziehen, um das Erlebte zu verarbeiten, die Trennung zu überwinden und gestärkt den Weg aus dem Alptraum zu gehen. Es gibt keinen Grund, sich zu schämen!